Sprachentwicklungsstörung / Sprachentwicklungsverzögerung
Eine Sprachentwicklungsverzögerung liegt dann vor, wenn die sprachliche Entwicklung des Kindes in mehreren Aspekten langsamer als erwartet verläuft – das heisst es sind das Sprachverständnis, der Wortschatz, die Grammatik und die Aussprache des Kindes betroffen. Betroffene Kinder verstehen oft die Bedeutung von Worten und Sätzen nicht, die unauffällige Kinder problemlos erfassen und haben Probleme, gewisse Laute deutlich auszusprechen. Auch die Bildung von grammatikalisch korrekten Sätzen fällt Betroffenen schwer. Organische Ursachen dieser Verzögerung, wie z. B. eine Hörschädigung, müssen ausgeschlossen sein.
Beträgt die Abweichung einer normalen Sprachentwicklung mehr als 6 Monate oder dieser Abweichung liegen organische Ursachen zugrunde, spricht man von einer Sprachentwicklungsstörung.
In der alltagsnahen und gezielten Therapie mit unseren Sprachtherapeuten holen die Kinder diese Entwicklungsdefizite nach und verbessern ihre sprachlichen Fähigkeiten anhand von individuell bestimmten und altersgerechten Zielen.
Late Talker
Mit 24 Monaten sollte ein Kind einen Wortschatz von mindestens 50 verschiedenen Worten haben – ist dies nicht der Fall, gehört es zur Gruppe der Late Talker. Nur etwa ein Drittel der Late Talker entwickelt sich ohne Unterstützung gut weiter.
Weitere Symptome können ein ausbleibender oder geringer Blockkontakt, ein eingeschränktes Sprachverständnis oder ein falscher Satzbau sein. Zu den möglichen Spätfolgen gehören unter anderem Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben und ein oberflächlicher Wortschatz.
Eine umfangreiche Therapie umfasst hier das Kommunikationsverhalten, das Sprachverstehen, die Sprachproduktion und die Spielentwicklung des Kindes. In der Behandlung üben unsere Sprachtherapeuten Sprechbewegungsabläufe mit den Kindern. Auch der Einbezug der Eltern für tägliche Übungen spielt eine wichtige Rolle.
Myofunktionelle Störungen / Orofaziale Dysfunktion
Eine myofunktionelle oder orofaziale Störung betrifft die Muskulatur im Mund- oder Gesichtbereich. Häufige Symptome sind ein nicht kompletter Mundschluss, Mundatmung, eine Vorverlagerung der Zunge beim Sprechen, ein verstärkter Speichelfluss oder eine geringe Zungen- und Lippenkraft. Folgen dieser Störung können eine falsche Zahn- und Kieferstellung, eine undeutliche Aussprache oder Probleme beim Schlucken sein. Diese Folgen lassen sich mit einer umfassenden Therapie erfolgreich behandeln oder sogar komplett vermeiden.
Eine individuell angepasste Behandlung umfasst unter anderem die Stimulation der oralen Wahrnehmung und Sensibilität, ein Aufbau von Verhaltensmustern, die das Muskelfunktionsgleichgewicht unterstützen, gezieltes Muskelfunktionstraining und ein Training der korrekten Lippen- und Zungenruhelage.
Poltern/ Stottern
Poltern ist eine Störung des Redeflusses, die sich vor allem durch eine unregelmäßige und meist hohe Sprechgeschwindigkeit, einer Wiederholung von Silben und Worten und sprachlichen Auffälligkeiten wie eine Verschmelzung von Lauten auszeichnet. Diese Symptome können sich z. B. in Stresssituationen verstärken. Die Aussprache der Betroffnen klingt verwaschen und undeutlich. Bei Kindern wird Poltern in einer Therapie mit Übungen zur Mundmotorik behandelt, in welcher die Eltern miteinbezogen werden.
Beim Stottern tritt eine Veränderung des Sprechflusses auf, bei welcher Silben oder Worte häufig wiederholt werden. Es kann außerdem zu Blockaden oder Dehnungen von Lauten kommen. Dies führt zu einer übermäßigen Anstrengung der Betroffenen beim Sprechen. Stottern wird in einer individuell angepassten Therapie immer entsprechend des Alters gestaltet. Unter anderem trainieren unsere Sprachtherapeuten spezielle Sprechtechniken mit den jungen Patienten.
Kindliche Stimmstörung
Eine funktionelle Stimmstörung ist eine Veränderung des Stimmklangs und eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Stimme. Zu den nicht-organischen Stimmstörungen gehören die hyperfunktionelle und die hypofunktionelle Dysphonie.
Bei der hyperfunktionellen Dystonie werden die entsprechenden Muskeln zu stark beansprucht, was unter anderem zu einer rauen Stimme und einem häufigen Räuspern führen kann. Die
hypofunktionelle Dysphonie zeichnet sich durch eine zu geringe Beanspruchung der Muskelsysteme aus. Die Stimme der Betroffnen klingt leise und dünn.
Zu den organischen Ursachen von Stimmstörungen zählen unter anderem Stimmlippenknötchen und Kehlkopfentzündungen.
Die Behandlung der kindlichen Stimmstörung ist sehr individuell anzugehen. Mithilfe der verbliebenen Fähigkeiten des Kindes, wie zum Beispiel Gestik, Mimik oder Malen werden mit dem Sprachtherapeuten sprachliche Fähigkeiten wiederhergestellt und Neues hinzugelernt.
Rhinophonie
Die Rhinophonie ist eine Störung der Stimm- und Sprechfunktion, die durch einen nicht richtig gelenkten Luftstrom beim Sprechen zustande kommt. Es wird zwischen folgenden Formen unterschieden:
Das offene Näseln (Rhinophonia aperta) zeichnet sich dadurch aus, dass beim Sprechen zu viel Luft durch die Nase anstatt durch den Mund entweicht. Dadurch werden orale Laute wie „i“ und „u“ mit einem nasalen Klang gesprochen.
Beim geschlossenen Näseln (Rhinophonia clausa) entweicht stattdessen zu viel Luft durch den Mund. Die Stimme der Betroffenen klingt vor allem bei Lauten wie „m“, „n“, „ng“ dumpf und verschnupft. Zu den möglichen Ursachen gehören sowohl organische Faktoren wie z. B. eine Gaumensegelschwäche als auch neurologische Probleme.
Das Näseln kann je nach Ursache operativ oder mithilfe von Sprechstimmtherapien behandelt werden.
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung
Die auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung ist keine Störung des Hörens selbst und es liegt auch keine Intelligenzminderung vor. Diese Störung betrifft den Hörnerv, sodass Laute und Geräusche zwar richtig gehört, aber nur gestört weiterverarbeitet werden können. Bestimmte Geräusche können oft nicht voneinander unterschieden und so Personen nur schwer verstanden werden. Zu den Ursachen können unter anderem lang anhaltende Mittelohrentzündungen im Kindesalter, frühkindliche Hirnschädigungen oder Hinreifeverzögerungen gehören. Betroffenen Kindern fällt die Wortfindung und Artikulation oft schwer und Informationen oder Aufgaben werden oft falsch verstanden. Außerdem können Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten und eine verminderte Konzentrationsspanne auftreten.
Phonologische Bewusstheit
Unter der phonologischen Bewusstheit versteht man die Fähigkeit eines Kindes, die Aufmerksamkeit von der Wortbedeutung ein Stück weit zu lösen und auf die formalen Eigenschaften der Sprache zu lenken. So kann ein Kind in einem gewissen Alter die Frage, ob das Wort „groß“ oder „klitzeklein“ länger ist, erst beantworten, wenn es sich die Wortstruktur anstelle der Wortbedeutung konzentrieren kann.
Diese Fähigkeit ist die Voraussetzung für den erfolgreichen Lese- und Schreiberwerb. Kinder mit Auffälligkeiten bei der phonologischen Bewusstheit haben häufig Schwierigkeiten mit dem Schriftspracherwerb.
Lippen-Kiefer-Gaumensegel-Spalte
Unter Lippen-Kiefer-Gaumensegel-Spalte (LKGS) werden alle Fehlbildungen der Lippe, des Kiefers und des Gaumens zusammengefasst. Sie können isoliert oder kombiniert auftreten.
Diese Spalten entstehen während der Schwangerschaft durch ein ungenügendes Verwachsen der Gesichtshälften. Eine einzelne Ursache zur Entstehung sind derzeit allerdings nicht bekannt. Es wird vermutet, dass zur Ausbildung von Spalten mehrere Faktoren zusammenkommen müssen, zum Beispiel genetische Aspekte kombiniert mit Sauerstoffmangel. Aufgrund der Spalte kann es bei den Kindern zu einem offenen Näseln und bei Säuglingen zu Schwierigkeiten bei der Ernährung kommen. Es besteht ein Risiko von häufig wiederkehrenden Mittelohrerkrankungen. Des Weiteren kann es zu Schwierigkeiten bei der Bildung von Lauten und zu Veränderungen des Stimmklanges kommen.
Die Behandlung erfolgt zunächst durch einen operativen Verschluss der Spalte. Wenn weiterhin Schluck-, Sprach-, Sprech- und Stimmprobleme bestehen, können zusätzliche Maßnahmen, wie eine Ess- und Trinkberatung oder Sprach-, Sprech- und Stimmtherapien erforderlich sein. Lautfehler und Veränderungen der Stimme werden so frühzeitig spielerisch behandelt.
Phonetisch-phonologische Störung
Bei einer phonetisch-phonologischen Störung ist die Aussprache des Kindes betroffen. Hierbei werden Laute ausgelassen, ersetzt, hinzugefügt oder verzerrt ausgesprochen. Während der Sprachentwicklung ist es vollkommen normal, dass ein Kind nicht sofort alle Laute richtig ausspricht – unterscheidet sich die Aussprache allerdings deutlich von Altersgenossen, spricht man von einer phonetischen Störung.
Ursachen können unter anderem eine Hörstörung, Probleme mit der Kiefer- oder Zahnstellung oder eine schlecht kontrollierte Muskulatur sein.
In der Therapie trainieren wir mit den Kindern mit altersgerechten Übungen die Mundmotorik, die Lautbildung und auch die Aufmerksamkeit beim Hören.